Ratgeber

„Wie finde ich den passenden Musiklehrer?“

 

Johanna Röth interviewte Prof. Asmus Hintz (www.asmushintz.de) zum Thema „Wie finde ich den passenden Musiklehrer?“

 

Johanna Röth studiert Musikpädagogik an der Universität in Würzburg. Im Rahmen ihres Studiums beschäftigt sie sich unter anderem mit den inzwischen immer individueller am Bildungsmarkt auftretenden musikpädagogischen Bildungseinrichtungen wie Musikschulen, Musikgymnasien, Konservatorien etc. In diesem Zusammenhang führte sie ein Interview zum Thema „Wie finde ich den passenden Musiklehrer?“ mit Herrn Prof. Asmus Hintz vom Institut für Kultur- und Medienmanagement an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg. Prof. Hintz ist unter anderem Musikpädagoge, Autor und Herausgeber zahlreicher fachdidaktischer Werke im Bereich Musik.

 

Es gibt inzwischen eine Vielzahl von Anbietern im Bereich Musikunterricht. Soll ich mich für eine kommunale oder private Musikschule entscheiden? Soll ich zu einem Privatlehrer gehen oder gar einen Lehrer zu mir nach Hause kommen lassen?

 

Grundsätzlich ist diese Angebotsvielfalt zu begrüßen, und jedes Angebot hat seine Berechtigung. Zunächst sollte man sich bewusst machen, welche Absichten oder Ziele man mit dem Musikunterricht verfolgen möchte. Die Musikpädagogen und Musikschulen sind auf unterschiedliche Aspekte spezialisiert wie z. B. auf frühkindliche Musikerziehung, Klassik, Rock, Pop, Jazz oder auf die musikalischen Wünsche von älteren Erwachsenen. Die Auswahl der Institution oder der Lehrkraft richtet sich in erster Linie nach den Wünschen und Anforderungen, die Sie an Ihren zukünftigen Unterricht stellen.

 

Wie erfahre ich nun, welches Angebot zu meinen Erwartungen passt?

 

Es ist wenig hilfreich, sich am Telefon nur nach ein oder zwei Aspekten wie Preisgestaltung oder Unterrichtszeiten zu erkundigen. Suchen Sie das Gespräch mit den Lehrkräften oder der Leitung der Musikschule. Verschaffen Sie sich einen eigenen Eindruck von den Menschen, der Qualifikation der Lehrkraft und den Räumen, in denen der Unterricht stattfindet. Interessiert man sich für Ihre musikalischen Wünsche und Ziele? Fragt man Sie, was Sie in welcher Zeit auf Ihrem Wunschinstrument spielen können möchten? Oder redet man am liebsten über sich selbst und seine „Verdienste“? Erkundigen Sie sich danach, mit welchen Methoden und Lernmaterialien die Lehrkraft den Unterricht für Sie oder Ihr Kind gestalten möchte. Lassen Sie sich die Unterrichtsmaterialien zeigen. Werden anerkannte Lehrwerke für den Musikunterricht verwendet? Wenn die Lehrkraft Ihnen sagt, man werde sich ganz auf Ihre Wünsche einstellen und Ihnen das Notenmaterial im Bedarfsfalle kopieren, sollten Sie sehr nachdenklich werden. Unseriöse Lehrkräfte und Musikschulen arbeiten häufig mit Kopien aus Unterrichtswerken. Einerseits um Geld zu sparen und andererseits, weil sie sich nicht an ein durchgängiges Konzept binden möchten. Das Verwenden eines gedruckten Unterrichtswerkes ist ein wichtiges Merkmal für einen qualifizierten Unterricht. Noch besser ist es, wenn die Lehrkraft einen Überblick über die Lehrziele geben kann: Was werden Sie bis wann in welcher Qualität spielen können? Übrigens: Wer mit kopierten Unterrichtsmaterialien arbeitet und diese sogar noch verkauft, macht sich strafbar. Kopieren ist Diebstahl an Verlagen und Autoren. Das sollten Sie nicht unterstützen. Ein weiteres Kriterium ist die Ausstattung der Unterrichtsräume. Sind die Unterrichtsräume und die sanitären Anlagen sauber und gepflegt? Sind die Instrumente optisch und klanglich (gestimmt) in einem guten und funktionsfähigen Zustand? Fühlen Sie sich in den Räumen wohl oder behagt Ihnen irgendetwas nicht? Wir brauchen für gelingendes Lernen eine räumliche Umgebung, in der wir uns wohlfühlen und Kommunikationsprozesse, die uns unterstützen. Unterricht zu Hause ist vielleicht bequem, der Preis für ein Angebot in einer notdürftig hergerichteten Musik-Garage vielleicht niedrig. Andererseits: Professioneller Unterricht verlangt stets auch eine professionelle Umgebung. Das sollten Sie gründlich abwägen bei Ihrer Entscheidungsfindung.

 

Sehr oft werben Lehrer oder Schulen mit Qualifikationen, die dem Laien wenig sagen. Wie erfahre ich, was dahintersteckt und was für mich wichtig ist?

 

Sie können sich u. a. Unterlagen zeigen lassen, mit denen die Qualifikation nachgewiesen wird. So wie der Handwerksmeister seinen Meisterbrief vorweisen kann, wird auch der studierte Musikpädagoge Nachweise über seine Studienabschlüsse haben. In Deutschland sind es zumeist Universitäten, Hochschulen für Musik, Musikakademien oder Fachschulen für Musik, die berechtigt sind, staatlich anerkannte Berufsqualifizierungen zu bescheinigen. Im Falle ausländischer Zertifikate kann es schwieriger sein, den Qualitätsstandard oder die Echtheit nachzuvollziehen. Lassen Sie sich nicht mit wortreichen Erklärungen abspeisen wie z. B. „Die Urkunde befindet sich noch in meinem Heimatland“ oder „Die Urkunde liegt zu Hause“. Der Qualifikationsnachweis per Urkunde ist jedoch nur ein Aspekt. Ich empfehle Ihnen: Nehmen Sie die Noten oder eine Tonaufnahme Ihres Lieblings-Musikstückes mit, welches Sie unbedingt erlernen möchten. Bitten Sie die Lehrkraft, Ihnen dieses Stück vorzutragen. Sie werden erleben, ob und wie diese es zu spielen vermag. Merke: Was man selbst nicht spielen kann, kann man in der Regel auch nicht anderen vermitteln. Veranstaltet die Musikschule oder die Lehrkraft regelmäßig kleine Konzerte mit den Schülern? Bei diesen Gelegenheiten können Sie hören, wie gearbeitet wird und zu welchen Leistungen die Schüler geführt werden. Sie können daran auch erkennen, mit welchem pädagogischen Engagement die Schule und die Lehrer arbeiten. Bietet man Ihnen an, als Gast eine Unterrichtsstunde mitzuerleben oder gar einen kostenlosen Probeunterricht bei der Lehrkraft Ihrer Wahl zu erhalten? Diese Angebote und Möglichkeiten sind wichtig für Sie, um sich ein eigenes Bild machen zu können.

 

Ich habe schon erlebt, dass über Mitbewerber abfällig geredet wurde. Kann ich so etwas glauben? Sind das vielleicht wichtige Warnungen vor schwarzen Schafen?

 

Warum wird über Mitbewerber abfällig geredet? Was will man damit erreichen? Meine Erfahrung ist, dass qualifizierte Kollegen sehr selten abfällig über Mitbewerber reden. Ich rate dazu, solchen Menschen mit Skepsis zu begegnen und sich in jedem Fall einen eigenen Eindruck zu verschaffen. Häufig gehören die „Schlechtredner“ selbst zu den „schwarzen Schafen“, vor denen sie so eindringlich warnen, und wollen durch solche Attacken lediglich eigene Schwächen verbergen.

 

Was ist noch wichtig?

 

Erkundigen Sie sich, welche Musikstücke (die Ihnen wichtig sind) Sie nach Meinung der Lehrkraft voraussichtlich in welcher Zeit auf Ihrem Instrument spielen können. Lassen Sie sich erklären, wie der Unterricht abläuft. Sind Sie allein oder mit anderen in einer Unterrichtsstunde? Wenn Sie in einer Gruppe mit zwei bis zu vier weiteren Lernenden unterrichtet werden, muss die Lehrkraft eine bestimmte Methodik beherrschen, um allen Teilnehmern gleichermaßen gerecht zu werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass im Falle einer Vierergruppe jeder nur 15 Minuten unterrichtet wird, aber den Preis für eine ganze Stunde zu zahlen hat. Wie sehen die Vertragsbedingungen aus? Wie lange dauert eine Unterrichtsstunde? Nicht immer sind damit 60 Minuten gemeint. Statt „Unterrichtsstunde“ sollte man besser von „Unterrichtseinheiten“ reden. Eine Unterrichtseinheit von 30 Minuten ist für Einzelunterricht eine übliche Angebotsform. Für Gruppenunterricht können 45 – 60 Minuten angesetzt werden. Es gilt der Grundsatz: Je mehr Teilnehmer in einer Gruppe, desto sorgfältiger muss die Unterrichtsplanung und die Vorbereitung der Lehrkraft sein. Es empfiehlt sich der Besuch in einer Unterrichtsform Ihrer Wahl oder auch ein Probeunterricht. Sollte man Ihnen das nicht gewähren, beenden Sie das Gespräch und suchen Sie weiter.

 

Auch diese Aspekte könnten für Ihre Entscheidungsfindung wichtig sein:

 

Ausstattung der Musikschule:

  • Gibt es einen Warte- oder Aufenthaltsraum für die Schüler?
  • Ist der Zustand der Einrichtung ansprechend und gepflegt?
  • Sind die Unterrichtsräume groß genug für die geplante Unterrichtsform (Einzel- oder Gruppenunterricht)?
  • Verfügen die Unterrichtsräume über zu öffnende Fenster?
  • Sind Notausgänge vorhanden und gekennzeichnet?

 

Erreichbarkeit der Musikschule:

  • Wie ist die Musikschule erreichbar? (zu Fuß, mit dem Pkw, Parkplätze, öffentliche Verkehrsmittel, Zugverbindung)?
  • Hat die Musikschule tägliche Öffnungszeiten mit telefonischer Erreichbarkeit? (E-Mail?)
  • Gibt es eine Art Rezeption im Wartebereich der Schüler, die zu bestimmten Zeiten mit Ansprechpartnern besetzt ist?

 

Kosten:

  • Wie sind die Preisgestaltung und die Zahlungsweise?
  • Was wird Ihnen als Leistung für Ihre Zahlung versprochen?
  • Gibt es Familienkonditionen, falls mehrere Familienmitglieder Unterricht nehmen möchten?
  • Wie werden Ihre zeitlichen Wünsche berücksichtigt?

 

Lehrkraft:

  • Werden Sie als Kunde freundlich und respektvoll von Ihrer Lehrkraft behandelt?
  • Ist Ihre Lehrkraft bereit, auf Ihre musikalischen Wünsche einzugehen?
  • Macht Ihre Lehrkraft Ihnen Vorschläge bzgl. des Repertoires und der Unterrichtsgestaltung?
  • Inwieweit können Sie sich mit Ihren Wünschen und Ideen in die Unterrichtsgestaltung einbringen?
  • Wie wirkt die pädagogische Kompetenz Ihrer Lehrkraft auf Sie?
  • Wie ist der Ruf Ihrer Lehrkraft bei anderen Schülern oder in der Region?